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Gebäude Münze Österreich Am Heumarkt

Geprägte Freiheit

Die Geschichte der MÜNZE ÖSTERREICH AG

Seine Freiheit erkaufte sich der englische König mit Silber. Rund 12 Tonnen des edlen Metalls sollen es gewesen sein, die der Engländer Richard Löwenherz an den Babenberger Herzog Leopold zahlte. Die beiden waren in Streit geraten und Leopold hatte Richard Löwenherz ganz nach roher mittelalterlicher Sitte gefangen genommen. Für die Freilassung hatte er keck Lösegeld gefordert – und auch bekommen. Nun musste bestimmt werden, was mit dem Schatz geschehen sollte. Leopold entschied sich dafür, das Silber zu Münzen zu prägen.

Wir schreiben das Jahr 1194. Die Geschichte der Münze Österreich AG beginnt, der ersten Wiener Prägestätte. Erst rund 200 Jahre später wird sie erstmals auch urkundlich erwähnt. Beheimatet war die Prägestätte zunächst in der Nähe des Hohen Marktes, dann in der Wollzeile und später in der Himmelpfortgasse, im Winterpalais des Prinzen Eugen. Ihren heutigen Sitz am Heumarkt hat die Münze seit der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das prachtvolle Gebäude ist immer noch Produktionsstätte und Verwaltungsgebäude.

Zahlreiche Prägemethoden kamen in den vergangenen 825 Jahren zum Einsatz. Bis ins 16. Jahrhundert war es der Prägehammer, mit dem Münzen geschlagen wurden. Es folgten Walzenprägung, Taschenwerk und Spindelprägung. Ab ca. 1830 begann man mit der Ringprägung, die im Wesentlichen noch immer verwendet wird und eine gleichmäßig runde Form erzeugt. Moderne Maschinen prägen heute übrigens bis zu 700 Münzen pro Minute.

Genauso bedeutende wie zeitlose Erzeugnisse von höchster Qualität wurden mit allen Prägemethoden hergestellt. Seit Anbeginn spielt auch die solide und traditionelle Handwerkskunst der Wiener Münze eine tragende Rolle. Bereits 1733 wurde in Wien die Graveur-Akademie gegründet. Hochbegabte Graveure gestalten nach wie vor außergewöhnliche Kunstwerke. Besonders stolz ist die Münze Österreich AG heute auch auf die langjährige Zugehörigkeit der Menschen, die für sie arbeiten. Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Münzen nicht nur ein Job, sie sind ihre Leidenschaft.

Eines der international anerkannten Glanzstücke ist der Maria-Theresien-Taler. Er entstand 1780, im Todesjahr der Kaiserin. Der Maria-Theresien-Taler ist heute die bekannteste und meistgeprägte Silbermünze der Welt.

Durch zahlreiche in der ganzen Welt bekannte Motive wird die Münzprägestätte immer wieder zum Botschafter Österreichs. So gehört auch der Goldene Wiener Philharmoniker zu den Produkten mit Weltbedeutung. Diese Münze hat den erfolgreichen Verlauf der Unternehmensgeschichte ganz entscheidend beeinflusst. Sie ist eine der weltweit gefragtesten Prägungen aus reinem Gold.

Münzen entstanden im Laufe der Zeit in zahlreichen Münzstätten im ganzen Land: Unter anderem in Graz, Krems, Salzburg, Innsbruck oder Villach. Mit der Entstehung der Republik Österreich im Jahr 1918 wurde das Wiener Hauptmünzamt dann zur einzigen Prägestätte. Und ist es auch heute noch. Im Jahr 1989 bekommt das alte „Amt“ einen neuen Namen: Die Münze Österreich AG wird als Tochterunternehmen der Oesterreichischen Nationalbank neu gegründet.

Als Global Player gehört das Unternehmen heute zur internationalen Elite unter den Anbietern von Zahlungsmitteln. Die im Herzen von Wien geprägten kunstvollen Münzen werden auf der ganzen Welt von Anlegern, Sammlern und Schenkern hoch geschätzt.

Zeitleiste

Die Münze Wien entsteht am Hof der Babenberger
Die Münze Wien entsteht am Hof der Babenberger

Die Münze Wien entsteht am Hof der Babenberger nachdem der erste Teil des Lösegeldes für Richard Löwenherz eingetroffen ist.

Wo genau die Münze errichtet wurde, ist heute nicht mehr bekannt, allerdings wurde bei den 800-Jahr Feierlichkeiten zur Wiener Münze 1994 eine Gedenktafel in Wien, Am Hof angebracht. An der Stelle wo Historiker den Standort der Münze vermuten.

Wiener Wollzeile
Wiener Wollzeile

Aus Platzmangel musste die Wiener Münze immer wieder umziehen, im Jahre 1371 wird ein Münzhaus auf der Wollzeile erstmals urkundlich erwähnt. In diesem Haus verbleibt die Münze bis ins 18. Jahrhundert, hier trägt sich auch das Wunder um die Verschonung von der Pest zu und die daraus resultierende Wallfahrt. 

1554 Walzenprägung

Erste Versuche der Walzenprägung und somit der beginnenden industriellen Fertigung scheitern allerdings in Wien mangels der erforderlichen Wasserkraft. In Hall in Tirol und anderen Prägestätten wird diese Art der Prägung aber erfolgreich angewandt. Die Technik ist so revolutionär, dass in Segovia von Tiroler Handwerkern eine Walzenprägemaschine (wohlgemerkt aus Holz gefertigt) errichtet wird.

1650 Taschenwerk

Da die Walzenprägung auf Grund der fehlenden Wasserkraft in Wien nicht erfolgreich angewendet werden konnte, setzt sich um 1650 das Taschenwerk als Prägewerkzeug durch. Bei dieser Art der Prägung werden zwei halbrunde Stempel gleichzeitig von beiden Seiten auf ein Münzband (Zain) gedrückt. Charakteristisch für diese Art der Prägung ist der Umstand, dass diese Münzen nie eine exakt runde Form erhielten. 

1700 Spindelpresse

Um 1700 setzt sich in der Münzprägung die aus Frankreich stammende Erfindung der Spindelpresse (auch Balancier genannt) auf Grund ihres schönen Prägebildes immer mehr durch. Bei dieser Art der Prägung wird der Druck durch eine rotierende Spindel die durch große Eisenkugeln noch beschleunigt wird erzeugt. Dies Prägetechnik kommt heute noch bei Schauprägungen und in leicht abgeänderter Form in der Medaillenprägung zum Einsatz.

1715 Hauptmünzamt

Um 1715 bürgert sich der Begriff „Hauptmünzamt“ als Bezeichnung für die Wiener Münze ein.

1733 Graveur-Akademie

Die Graveur-Akademie wird in Wien gegründet.

1752 Himmelpfortgasse

1752 übersiedelt die Münze in die Himmelpfortgasse.

1780 Maria-Theresien-Taler

Der erste Maria-Theresien-Taler wird im Todesjahr der Kaiserin geprägt.

Kniehebelpressen 1826

Das Hauptmünzamt bestellt zwei Kniehebelpressen.

1835 Münzhaus am Heumarkt

Baubeginn für das Münzhaus am Heumarkt, bis heute Sitz der Münze Österreich AG

1918 Wiener Hauptmünzamt

Das Wiener Hauptmünzamt ist ab sofort die einzige Prägestätte Österreichs.

1989 Münze Österreich AG

Das Hauptmünzamt wird zur Münze Österreich AG als Tochterunternehmen der Oesterreichischen Nationalbank.

Erstausgabe Wiener Philharmoniker 1989

Im Oktober 1989 gibt die Münze Österreich den ersten Goldenen Wiener Philharmoniker (1 Unze Feingold) heraus.

Wiener Philharmoniker 1992

Der Wiener Philharmoniker ist zum ersten Mal meistverkaufte Goldmünze der Welt.

Silber-Niob-Münze

Die Münze Österreich AG prägt als erste Prägestätte weltweit eine Silber-Niob-Münze.

Silberner Wiener Philharmoniker

Im Februar 2008 wird die erste europäische Silber-Bullionmünze auf den Markt gebracht: der Wiener Philharmoniker 1 Unze Feinsilber.

Im Februar 2016 gibt die Münze Österreich AG den Wiener Philharmoniker aus reinem Platin (Feingehalt 999.5) aus.

1194 – Wie alles begann, oder: Kreuzfahrer und Hausgenossen

Der Zwist zwischen Leopold V. und Richard Löwenherz. Die genauen Umstände der Gefangennahme des englischen Königs sind eingebettet in eine kurze Geschichte des Münzwesens im 12. und 13. Jahrhundert. – Eine historisch akkurate Spurensuche samt Quellenkritik.
Text Mag. Stephan Köhler

Die Hausgenossen und das Silber – Die Münzprägung in Österreich um 1200

1277 verlieh König Rudolf I. umfangreiche Privilegien an „unser lieb getreuen, die Hausgenossen zu Wienn unser gnad vleissiglichen paten“. Diese Vereinigung von Kaufleuten, Geldwechslern und kapitalkräftigen Bürgern aus Wien – die sogenannten Hausgenossen – wurden mit der Bereitstellung von Edelmetallen und der Münzprägung beauftragt und erhielten dafür im Gegenzug umfangreiche Vergünstigungen. Der Ursprung dieser Hausgenossen geht, wie die Urkunde selbst zu berichten weiß, auf die Zeit Herzog Leopolds V. (†1194) zurück. Der Sitz dieser ersten Wiener Münze dürfte damals im Bereich Bauernmarkt-Wildpretmarkt-Landskrongasse (heutiger 1. Bezirk) gewesen sein.

    Kreuzfahrer, Illustration © Andrez Sanchez

Kreuzritter benötigten häufig größere Summen Bargeld, Illustration © Andrez Sanchez

Geld- und Kreditgeschäfte im Österreich der Babenbergerzeit

Die umfangreiche Privilegierung von Handwerkern, die Errichtung einer weiteren Münzstätte auf dem Territorium der Babenberger in Wien und die Sicherstellung von Edelmetallreserven für die Prägung waren für die Inbetriebnahme einer weiteren Münzstätte Voraussetzung. Spätestens jetzt stellt man sich zwangsläufig die Frage, ob der Aufwand für die Einrichtung einer Münzstätte sich überhaupt rechnete. Die Antwort kann nur ein klares „Ja“ sein.

Bereits im 12. Jahrhundert waren die wirtschaftlichen Verhältnisse in dem österreichischen Länderkomplex soweit konsolidiert, dass man auf eine eigene Münzwährung nicht mehr verzichten konnte. Das Alltagsleben spielte sich auf den Straßen und Handelsplätzen, auf wöchentlichen Märkten und den regelmäßigen Messen ab, die zu bestimmten Heiligenfesten – also sprichwörtlich alle heiligen Zeiten einmal – abgehalten wurden. Die einzelnen Märkte und Messen waren mitunter schon damals auf bestimmte Waren spezialisiert, wenngleich man sich diese Handelsinfrastruktur nicht zu groß vorstellen darf. Diese zunehmende Spezialisierung machte auch das Selbstversorgertum obsolet, da mit einem Verkauf von nachgefragten Gütern oftmals hohe Gewinne erzielt werden konnten und im Gegenzug Nahrungsmittel billig gekauft werden konnten.

Der Handel selbst verlangte für einen reibungslosen Ablauf Münzgeld. Dabei dürfen wir uns aber nicht von den zahllosen Erwähnungen von Geldbeträgen in mittelalterlichen Urkunden oder anderen schriftlichen Zeugnissen täuschen lassen. Die dort häufig in Geldsummen niedergeschriebenen Kaufpreise waren oftmals nur eine Wertsetzung des Preises, der dann in Naturalien entrichtet wurde. Aus Urbaren – mittelalterlichen Abgabenverzeichnissen – wissen wir, dass ab dem 12. Jahrhundert die Naturalzinsen der Bauern allmählich in Geldzinsen umgewandelt wurden.

Wegen des steigenden Geldbedarfs brauch- te man auch schon im Mittelalter ein Kreditwesen. So mancher Bauer musste im Frühjahr sein Werkzeug versetzen, um es durch den Ernteertrag ein halbes Jahr später wieder auszulösen. Auch Richter und gräfliche Beamte ließen ihre offenen Rechnungen im Gasthaus auf einer Tafel mit Kreide anschreiben – sie standen beim Wirten in der Kreide – bis sie von ihrem Dienstherrn die Bezahlung erhalten hatten. Die Notwendigkeit der Vorfinanzierung ließ viele Personen Kredite aufnehmen, die entgegen gängiger Klischees – trotz religiöser Verbote – nicht nur von Juden vergeben wurden. Aber auch Christen und sogar die Herzöge von Österreich ließen ihr Geld bei Juden „arbeiten“.

Für eine Pilgerreise nach Jerusalem oder für die Teilnahme an einem Kreuzzug benötigten Ritter und Herzöge häufig größere Summen Bargeld. Dieses kam in der Regel aus Immobiliengeschäften mit Klöstern, die über umfangreiche Liquidität verfügten. Oft nahmen Ritter bei Klöstern einen Kredit auf und gaben dafür dem Kloster einen Acker, einen Hof oder ein Dorf als Sicherheit, die bei sicherer Heimkehr später ausgelöst werden konnten. So hat 1188 der steirische Ritter Liutoldus de Gutenberch für seine Teilnahme am Kreuzzug mehrere Besitzungen und Rechte dem Kloster Göss für rund 100 Mark überschrieben. Der Historiker Rudolf Hiestand hat daraus errechnet, dass dieser steirische Ritter Liutoldus alleine schon ca. 16.000 Münzen oder 20 Kilogramm Silber mit sich geführt hat, und das gesamte Kreuzfahrerheer des römisch-deutschen Kaisers Friedrich Barbarossa – dessen Größe mit 15.000 Personen beziffert wird – immerhin 9,5 bis 10,5 Tonnen Silber oder umgerechnet 45.000 Mark Silber nach Kölner Gewicht in bar bei sich hatte.

825 Jahre Münze Wien

Wiener Pfennig
Wiener Pfennige wurden vor 825 Jahren erstmals in Wien geschlagen. © KHM Wien

Diese Zahlen veranschaulichen den gesteigerten Geldbedarf der Zeit um 1200. Neben Krediten für Adelige, Fürsten und Könige wuchs auch in den wiederauflebenden Städten wie Krems oder Wien, die als Umschlagplätze für Güter des täglichen Bedarfs fungierten, die Nachfrage nach kleinen Münzen. Ebensolche kleine Münzen, Wiener Pfennige, wurden vor 825 Jahren erstmals in Wien geschlagen.

Schon seit der Regierungszeit Leopolds III. (†1136) wurde auf österreichischem Boden in Krems und Neunkirchen sowie unter den steirischen Herzögen aus dem Geschlecht der Otakare in Neunkirchen, Fischau und Enns gemünzt. Die wichtigste Münzstätte der Babenberger, Wien, wurde unter Leopold V. gegründet. Ein zeitgenössischer Bericht eines Kreuzfahrers aus dem Jahre 1189, das Tagebuch des Tareno, berichtet neben anderen Münzsorten in Österreich zwar von Kremser Pfennigen, nennt aber keine Wiener – wenngleich die jüngere Forschung davon ausgeht, dass schon im Zuge der Vorbereitungen zum Dritten Kreuzzug in den Achtzigerjahren des 12. Jahrhunderts eine weitere Münzstätte neben Krems in Betrieb genommen wurde.

Dem Bericht nach dürfte in Wien damals wohl (noch) nicht gemünzt worden sein. Erst bei der sogenannten Reiserechnung des Bischofs Wolfger von Passau aus dem Jahr 1203, der durch Österreich Richtung Italien reiste, werden erstmals „denarii Wienensis monetae“ (Wiener Pfennige) schriftlich erwähnt. Nun wissen wir aus der eingangs erwähnten Handfeste Königs Rudolfs I. von 1277, dass den Hausgenossen alle Privilegien bestätigt wurden, die sie haben „gehabt von dem edeln herzog Leupolten“ (gemeint ist Leopold V.). Aus diesen Umständen ergibt sich, dass die Münze in dem Zeitraum zwischen 1189 bis 1194 gegründet wurde. Setzen wir diesen Zeitraum mit den wichtigsten Ereignissen der Regierungszeit Leopolds V. in Zusammenhang – mit dem Erbfall des Herzogtums Steiermark an den Babenberger 1192 sowie mit der Gefangennahme des englischen Königs Richard Löwenherz und dem Einlangen der daraus resultierenden Lösegeldzahlungen ab 1194 – so engt sich der Gründungszeitraum auf die Jahre 1193/1194 ein. Ab da wurden dann die silbernen Wiener Pfennige geprägt, die in Böhmen, Mähren, Ungarn, Salzburg, Ostbayern, Steiermark und Kärnten zirkulierten. Eine jahrhundertelange Erfolgsgeschichte nahm damit ihren Anfang.

„Rache für irgendeine winzige Beleidigung“

Um Herzog Leopold V. ranken sich zahlreiche Mythen und Erzählungen. Sicherlich in den Bereich geschichtlicher Verklärung gehört jene schon in niederen Schulen gelehrte Legende, wonach Leopold V. vor Akkon so tapfer gekämpft hatte, dass sein weißer Wappenrock vom Blute der Feinde gänzlich rot gefärbt war, mit Ausnahme eines vom Schwertgurt geschützten weißen Streifens, woraus die rot-weiß-rote Flagge Österreichs hervorgegangen sei. Tatsächlich lässt sich diese Erzählung erst Ende des 14. Jahrhunderts in der „Chronik der 95 Herrschaften“ nachweisen – abgesehen davon, dass der Bindenschild erst unter Herzog Friedrich II., knapp 30 Jahre später, nachweisbar ist.

Ähnlich die Erzählungen, die sich um die Gefangennahme des englischen Königs in Österreich ranken. Die Kurzversion der Geschichte lautet so: Der Herzog wurde von König Richard bei der Belagerung von Akkon beleidigt, reiste daraufhin ab, nahm den König auf dem Rückweg gefangen und ließ ihn erst gegen ein immenses Lösegeld frei. Tatsächlich gab es noch andere Motive für die Gefangennahme des Königs: Neben dem Vorfall in Akkon – es ging um die Aufteilung von Beute in der eroberten Stadt – spielte noch der Konflikt zwischen Kaiser Heinrich VI. und den Welfen, die mit dem englischen König verbündet waren, und der Mord an dem Thronprätendenten von Jerusalem, Konrad von Montferrat, eines Verwandten Leopolds V., eine Rolle. Weniger bekannt ist auch die Tatsache, dass dem englischen König nach seiner Gefangenschaft in Österreich und der anschließenden Übergabe des Gefangenen an Kaiser Heinrich VI. in Speyer der Prozess gemacht wurde. Unter anderem wurde er wegen Anstiftung zu Mord an Leopolds Verwandten Konrad, aber auch für den Friedensschluss mit Sultan Saladin angeklagt.

Die Gefangennahme des Königs regte schon bei den Zeitgenossen die Phantasie an, welche die Ereignisse um den Streit in Akkon, die dahintersteckenden Motive und den erzwungenen Aufenthalt in Österreich ausschmückten. Während österreichische Annalen für das Jahr 1192 nur lapidar vermerkten, dass der unerkannt reisende und flüchtige englische König nahe Wien vom österreichischen Herzog gefangengenommen wurde (Annalen von Admont), ließ der englische Chronist Wilhelmus Neubrigensis Herzog Leopold V. – den er fälschlicherweise Humbold nennt – alle Wege bewachen, weil er „auf Rache für irgendeine winzige Beleidigung dürstete“. Radulfus de Diceto, ebenfalls Engländer, zeichnete ein wenig schmeichelhaftes Bild von den Österreichern in seiner Chronik: Sie seien schmutzig, stinken und seien wilden Tieren ähnlicher als Menschen. Der Herzog von Österreich „verkaufte“ den englischen König an den Kaiser, so der Vorwurf von Radulfus. Zu diesen historisch nicht gesicherten Erzählungen, man ist beinahe verleitet hier von Fake News zu sprechen, gehören auch beliebte Sagen wie jene über den Sänger Blondel, der seinen König befreien wollte.

Reich ist, wer Silber hat

Die Münze Wien entsteht am Hof der Babenberger
Die Münze Wien entsteht am Hof der Babenberger

Am 14. Februar verständigte sich Leopold V. in Würzburg mit Kaiser Heinrich VI. über die Freilassung König Richards von England für die Summe von 100.000 Mark Silber – die nachträglich noch auf 150.000 Mark erhöht wurde – wovon Leopold ungefähr die Hälfte erhalten sollte. Im Gegensatz zu den englischen Berichten handelte es sich dabei allerdings um kein Lösegeld, sondern, so wird es ausdrücklich im Vertrag von Würzburg 1193 vermerkt, um eine Mitgiftzahlung für die Vermählung von Richards Nichte Eleonore mit einem von Leopolds Söhnen. Von den 150.000 Mark Kölner Gewichts, insgesamt rund 35,1 Tonnen  Silber, sollte Leopold V. 70.000 erhalten, die ab  Ende  1193/1194 in mehreren Raten in Österreich eingetroffen sind.

Mit diesem Silbersegen verlegte Leopold die Münzprägestätte von Krems nach Wien und privilegierte die Hausgenossen, die mit dem Ankauf von Silber und der Münzprägung beauftragt wurden. Als erster Münzmeister wird der Jude Schlom (bzw. Salomo) genannt, der wohl über das notwendige Kapital und Wissen verfügt hat. Doch auch seine Stellung als Münzmeister konnte ihn nicht vor einem gewaltsamen Tod schützen. Er wurde 1196 von durchreisenden Kreuzfahrern mit 15 weiteren Juden erschlagen. Ihm folgte im frühen 13. Jahrhundert  der  Wiener  Bürger  Dietrich,  der „unmâzen rîch“ war. Er und die ihm nachfolgenden Münzmeister zählten zu den wichtigsten Amtspersonen im Herzogtum, verfügten über einen eigenen Gerichtshof und wickelten einen Großteil der herzoglichen Zahlungen ab.

Ein anderer Teil des Geldes wurde für den Landesausbau verwendet. Mehrere Quellen setzen den Ausbau von Hainburg, Enns und Friedberg sowie die Gründung und Befestigung von Wiener Neustadt mit dem Lösegeld in Verbindung. Leopold sollte den langfristigen Erfolg seiner Bemühungen nicht mehr erleben. Er erlag den Verletzungen eines Sturzes vom Pferde im März 1194 und musste seine weitreichenden Pläne zum Landesausbau unvollendet lassen, seine zahlreichen Gründungen – unter anderem die Münze Wien – haben aber bis zum heutigen Tage Bestand.

12. bis 15. Jahrhundert – Wiener Pfennig, Münzverruf und Schinderling

Die ersten im Mittelalter auf heute österreichischem Boden geprägten Münzen entstanden um das Jahr 1000 in Salzburg. Erst im 12. Jahrhundert wurde auch im Osten und Südosten Österreichs geprägt. Den Zusammenhang zwischen Münzprägung und den politischen Geschehnissen der Zeit erklärt Johannes Hartner (Münzkabinett im Kunsthistorischen Museum, Wien) folgendermaßen: „Im Jahre 1155 erhob Markgraf Heinrich Jasomirgott (1141–1177) Wien zur neuen Hauptstadt der Babenbergermark – der marcha orientalis. Nur ein Jahr später wurde dieses Gebiet vom Herzogtum Bayern abgetrennt und zum eigenständigen Herzogtum Österreich erhoben, wodurch Wien zur neuen Herzogsresidenz aufstieg. Die Münzstätte lag allerdings in Krems, dem ehemaligen Sitz der Babenberger, wo bereits seit 1110/20 Münzen geprägt wurden. Als die Steiermark 1192 an die Babenberger fiel, eröffneten sich den Wiener Kaufleuten nun neue Handelsrouten nach Süden, und Wien entwickelte sich als neues Zentrum regen Warenaustauschs an der Donau. In Anbetracht dieser neuen wirtschaftlichen Perspektiven schien die Gründung einer herzoglichen Münzstätte in Wien bloß eine Frage der Zeit.“

Mit deren Errichtung im Jahr 1194 wurde die Periode des klassischen „Wiener Pfennigs“ eingeleitet, der in Wien und zwei weiteren Werkstätten in Enns und Wiener Neustadt geprägt wurde. Unter dem „Wiener Pfennig“ sind die Erzeugnisse aller drei Prägestätten zu verstehen.

    Leopold VI., Wien, Pfennig, ca. 1210–1230

Leopold VI., Wien, Pfennig, ca. 1210–1230, Foto: © KHM Wien, Münzkabinett

Die „verrufene“ Münze

Ein kurioses Charakteristikum der Münzprägung jener Zeit war der periodische Münzverruf, die „renovatio monetae“, die in Österreich bald jährlich durchgeführt wurde. Neben den Einkünften, die dem Münzherrn aus der Prägung selbst erwuchsen, dem so genannten Schlagschatz, war der Münzverruf, dem die Rolle einer Art Geldsteuer zukam, ein weiteres finanzpolitisches Instrument zur Füllung landesfürstlicher Kassen. Darüber hinaus diente es zur Versorgung der Münzstätte mit dem stets dringend benötigten Edelmetall. Die alten Wiener Pfennige wurden außer Kurs gesetzt und mussten gegen Aufgeld (!) in neue umgetauscht werden. In der Praxis spielte dieser Zwangsumtausch jedoch nur bei Zahlungen an die herzogliche Kammer oder an offiziellen Markttagen eine Rolle, während die alten Pfennige, die ja ihren Silberwert behielten, woanders durchaus weiter im Zahlungsverkehr verwendet wurden.

Um eine Kontrolle durch die Finanzbehörden zu ermöglichen, mussten sich die neuen von den alten Pfennigen deutlich unterscheiden, woraus deren großer Bilderreichtum resultiert. „Auf den Wiener Pfennigen des 13. und 14. Jahrhunderts eröffnet sich uns eine bunte Vielfalt an Motiven. Sie reichen über Herrscherdarstellungen, Motiven aus Flora und Fauna, bis hin zu frühen Formen von Wappen – besonders Löwe und Adler sind häufig zu finden.“ (Hartner)

Wann mit der jährlichen Erneuerung in Österreich begonnen wurde, ist nicht genau zu sagen. Feststeht aber, dass sie bereits unter Herzog Friedrich dem Streitbaren, von 1230 bis 1246 Herzog von Österreich und der Steiermark, zu großen Klagen in der Bevölkerung führte. Herzog Rudolf IV. war es, der schließlich ab 1359 auf die jährliche Erneuerung verzichtete und stattdessen eine Getränkesteuer einführte.

In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts hatte sich die europäische Währungslandschaft grundlegend gewandelt. Die steigenden Bedürfnisse von Wirtschaft und Handel waren mit der kleinen Pfennigmünze nicht mehr zu befriedigen gewesen. Anderswo als in Österreich hatte man mit der Prägung wertigerer Münzen begonnen.

Österreich blieb bei seiner Pfennigwährung, bediente sich aber im Handelsverkehr der ausländischen Großnominalien. Trotz der neuen Handelsmünzen in Gold und Silber war die wirtschaftliche Kraft der Pfennigwährungen noch nicht gebrochen; der Wiener Pfennig erreichte gerade im Verlauf des 14. Jahrhunderts seine größte Verbreitung (Böhmen, Mähren, Ungarn, Salzburg, Ostbayern, Steiermark, Kärnten).

Die Schinderlingswirtschaft

Bereits erwähnter Rudolf IV. verfügte 1362 fatalerweise, dass sich der Münzfuß der Pfennige in Hinkunft nach der „tewrung des silbers“, also nach dem Marktpreis des Silbers, zu richten habe. Die Gefahr, die in dieser Anordnung steckte, war beträchtlich, musste doch der Feingehalt bei schwankenden Edelmetallpreisen stets neu festgesetzt werden, was den Wert des Pfennigs destabilisierte. Das sollte das Vertrauen der Bevölkerung in die Währung erheblich erschüttern.

Die gesamte erste Hälfte des 15. Jahrhunderts war durch eine immer höher werdende Inflation geprägt, zum einen bedingt durch die maßlosen Erträge, die die Prägeherrn aus dem Münzregal pressten, zum anderen angeheizt durch die geringwertigen Pfennigmünzen, die aus dem Ausland nach Österreich strömten und das bessere Geld vom Markt verdrängten.

Die Krise nahm zu, als Kaiser Friedrich III. (1452 bis 1493) zur Finanzierung kostspieliger Kriegszüge Unmengen minderwertiger Pfennige herstellen ließ, die schließlich fast nur mehr aus Kupfer bestanden. Von der Bevölkerung wurden sie „Schinderlinge“ genannt. Die Schinderlingswirtschaft erreichte ihren Höhepunkt im Jahr 1460, als man für einen Goldgulden 3600 Wiener Pfennige erlegen musste. Zum Vergleich: Im Jahr 1455 hatte man für einen Gulden nur 240 Pfennige zahlen müssen.

Kaiser Friedrich sah sich gezwungen, dem Drängen der Stände nachzugeben und einer Münzreform zuzustimmen. Der neu eingesetzte Münzmeister Niclas Teschler fing unverzüglich an, eine fünflötige Pfennigmünze zu prägen, die einen Feingehalt von 313/1000 aufwies. Dadurch konsolidierte sich ab 1463 die Monetärwirtschaft. Bei einer weiteren Reform verlor der Wiener Pfennig 1481 endgültig seine Eigenschaft als Währungsmünze und sank zur reinen Scheidemünze ab. An seine Stelle trat der Goldgulden, ergänzt durch Groschen und Kreuzer in Silber.

Text: Bernhard Seiter

Der Artikel folgt in großen Teilen den Ausführungen Bernhard Kochs in „Die Geschichte der Münzstätte Wien“ und Michael Alrams in „Der Wiener Pfennig“; beide in dem Buch „Geld“, hg. von Wolfgang Häusler (Wien, 1994).

1679 – Die Pestwallfahrt, oder: der Welt ältestes Team Building

In Wien herrscht entweder der Wind oder die Pest, „Vienna ventosa aut venenosa“, so sagte man seit dem Mittelalter. 1678 schickte sich letztere wieder einmal an, die Herrschaft über Wien an sich zu bringen. Im Spätherbst des Jahres traten die ersten Pestfälle in der Leopoldstadt auf, die zunächst nur als „hitziges Fieber“ klassifiziert wurden. Im Juli 1679 stieg die Zahl der Todesfälle dramatisch an, der Pestausbruch wurde zur Gewissheit. Tote lagen tagelang auf den Straßen herum. Nur wenige waren bereit, als Siechenknecht und Totengräber zu arbeiten. Vor dem Stubentor häuften sich infizierte Betten, Stroh, Leichen.

Arthur Fürnhammer schreibt: „Im Jahr 1679 kam es zu einer Pestepidemie, die in Umfang und Verwüstung an jene des Jahres 1348 heranreichte. Anders als im Mittelalter erreichte die Pest nun aber auch vermehrt fürstliche Kreise. Kaiser Leopold I. flüchtete mitsamt seinem Gefolge und nahm die Pest mit in seinem Flüchtlingskonvoi, zuerst nach Prag, dann nach Linz. Er überlebte die Seuche jedoch und dankte der Heiligen Dreifaltigkeit dafür, indem er auf dem Wiener Graben eine Säule errichten ließ, die heute noch als Pestsäule bekannt ist.“

    Pestsäule am Wiener Graben

Detail Pestsäule am Wiener Graben, Foto: © Schaub-Walzer / PID

Neun Monate Isolation

Der damalige Münzmeister verfiel auf eine andere Strategie, um der Pest wirkungsvoll zu begegnen; er kam auf einen Plan, den man als verkehrte Quarantäne bezeichnen könnte: Nicht zum Schutz der Gesellschaft vor einer ansteckenden Krankheit gewisse Individuen zu isolieren, sondern als Schutz vor der Allgemeinheit sich selbst und seine Belegschaft zu separieren.

1994 zitierte „Die Münze“ eine Chronik: „Der ganz gewiß mit dem vollsten Vertrauen auf Gottes Allmacht und Barmherzigkeit erfüllte Herr Münzmeister Matthias Mittermayer von Waffenberg faßte den Entschluß, sich mit dem sämmtlichen ihm unterstehenden Personale in der Münze einzuschließen. Er versah das Münzgebäude mit allen nöthigen Bedürfnissen für längere zeit, und ehe die Pest sich in Wien verbreitete, wanderte wirklich sämmtliches Personale sammt Weibern und Kindern in dasselbe ein. Die Eingangstüre und die Fenster nach Außen wurden vermauert, und nur ganz kleine Oeffnungen gelassen, um die Vorgänge ausser dem Haus zu beobachten und etwa nach Außen verkehren zu können...“

Neun Monate verbarrikadierte sich die Münzmannschaft, dann „gingen sämmtliche Einwohner der Münze ganz unversehrt und wohlerhalten hervor – nicht ein Kind fehlte, ja nicht einmal ein Krankheitsfall hatte sich unter ihnen ergeben.“

Die so Geretteten gelobten daraufhin, eine alljährliche Wallfahrt zur Heiligen Dreifaltigkeitskirche in Lainz zu unternehmen. Warum gerade diese Kirche? Peter Pichlbauer, Brandschutzbeauftragter in der Münze und Organisator der Münzerwallfahrt von 1995 bis 2011: „Mir wurde einmal erklärt, wenn es um Leib und Leben geht, dann wendet man sich am besten gleich an die höchste Instanz, eben an die Dreifaltigkeit: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Die Säule auf dem Graben ist ja auch eine Dreifaltigkeitssäule.“ 

Seit 340 Jahren

Münzerwallfahrt
Kardinal Franz König als Gast der Münzerwallfahrt. Foto: Privatarchiv P. Pichlbauer

Diese Episode in der Geschichte der Münze hat es weit gebracht und eine Tradition begründet, die seit fast dreieinhalb Jahrhunderten währt. Wie schon seit 340 Jahren findet die Wallfahrt auch heuer am oder um den Dreifaltigkeitssonntag, den Sonntag nach Pfingsten, statt. Die Wallfahrt erfüllt ein Gelübde und bietet die Möglichkeit zu einem Beisammensein außerhalb des Arbeitsalltags.

In den 90er Jahren nahm ein hoher Gast an der Wallfahrt teil. Kardinal König hatte die Münze Österreich anlässlich der Präsentation der Medaille zum 850. Jahrestag der Domweihe besucht. Pichlbauer: „Bei dieser Gelegenheit habe ich ihm von der Wallfahrt erzählt. Er war sehr interessiert und meinte: ‚Wenn ich noch lebe und es mir gut geht, komme ich.’“ Am 30. Mai 1996 hat er an der Münzerwallfahrt teilgenommen. Auch beim anschließenden Heurigenbesuch war er dabei.

Nicht unerwähnt darf bleiben, dass 1999 die Fußwallfahrt wiederbelebt wurde. Seitdem findet sich jedes Jahr eine kleine Gruppe, die von der Münze am Heumarkt bis nach Lainz zu Fuß geht. Man kann darüber mutmaßen, was zu diesem Sinneswandel geführt hat. Sicherlich hat man sich damit auf den Sinn einer Wallfahrt zurückbesonnen; zu einer solchen gehört wesentlich ein gewisses Maß an Beschwerlichkeit. Beschlossen wurde die Wallfahrt 1999 übrigens – wie so oft, aber nicht immer – im Heurigenlokal Wambacher.

Ein weitere Facette dieser Wallfahrt betrifft Praktisch-Ökumenisches: „Wenn ich von der Lainzer Kirche spreche, meine ich die alte Lainzer Pfarrkirche. Diese wurde 1974 von Kardinal König an die syrisch-orthodoxe Gemeinde übergeben. Die Messe anlässlich der Münzerwallfahrt ist der einzige katholische Gottesdienst im Jahr, der dort stattfindet.“ (Pichlbauer) 

Um sechs Uhr früh

Zuletzt soll der Blick gelenkt werden auf das Jahr 1904 und die 225. Wallfahrt. Dieses Jubiläum wurde in besonders festlicher Weise begangen. In einer überlieferten Einladung wird angekündigt, dass sich „die Theilnehmer, um 6 Uhr früh, in der Pfarrkirche zu Mariahilf versammeln, allwo eine heilige Segenmesse abgehalten wird; um ¾ 7 Uhr Früh erfolgt sodann der Auszug der Procession (...) unter vorantragung des Wallerkreuzes, der Fahnen, einer Heiland-Statue und der Opfergabe, eines Kelches, für die heil. Dreifaltigkeits Kirche in Lainz von weiss gekleideten Mädchen getragen und umgeben, über die Mariahilferstrasse, durch das kaiserliche Lustschloss Schönbrunn nach Lainz.“ Anschließend stand eine „Münzer-Jubelmesse“ auf dem Programm; nach einer Pause dann um zehn Uhr eine Festpredigt, schließlich ein feierliches Hochamt. „Nach Schluss der Dankgebete, Auflösung der Wallfahrtsteilnehmer.“

Text: Bernhard Seiter

VON LIEBHABERN UND GELDVERMEHRERN

Anfang des 18. Jahrhunderts bis zur Errichtung des Münzamtes am Heumarkt: von einem Münzsammler, der Kaiser war, bis zu einem Kaiser, der soviel Papiergeld drucken ließ, wie er benötigte.

Das Hauptmünzamt
Besondere Bedeutung für die Wiener Münze hatte die Regierungszeit Kaiser Karls VI., die von 1711 bis 1740 dauerte. Selbst ein Sammler und Liebhaber von Münzen und Medaillen, nahm die Wiener Münze unter seiner Regentschaft schließlich den ersten Rang ein; der Name „Hauptmünzamt“ bürgerte sich ein. Er ließ den Prägebetrieb, der damals seinen Hauptsitz noch in der Wollzeile hatte, mit neuen Maschinen ausstatten und brachte ausländische Künstler und Fachleute nach Wien. Er gründete eine Graveurakademie, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bedeutsame Leistungen auf dem Gebiet der Münzgraveur- und der Medaillenkunst in Österreich vollbringen sollte.

    1752 Himmelpfortgasse

Die Münzkonvention

1752, also während der Regierungszeit Maria Theresias, übersiedelte die Wiener Münzstätte in die Himmelpfortgasse, in das hochbarocke ehemalige Winterpalais Prinz Eugens von Savoyen.

Besondere Leistungen hatte die Münze Wien bei Münzreformen zu erbringen, so bei folgender: Um dem altüberkommenen Problem der Münzverschlechterung Herr zu werden, wurde 1753 mit Bayern eine Münzkonvention abgeschlossen, der nach und nach die meisten Länder des Reiches beitraten. Damit wurde nicht nur das Münzwesen in den habsburgischen Erblanden vereinheitlicht, sondern auch der internationale Zahlungsverkehr erleichtert. Der Konventionsmünzfuß bestand in Österreich bis 1857. Ebenfalls unter Maria Theresia wurde 1760 die Kupfermünzung eingeführt. Der altgewohnte Kreuzer war zu einer winzigen Silbermünze abgesunken, und so prägte man ihn nunmehr als ansehnliche und schöne Kupfermünze aus.

1762 wurde das erste Papiergeld in Österreich vom Wiener Stadtbanco ausgegeben. Damit konnte man zusätzliche Finanzmittel für die Kriegsführung aufbringen, ohne abermals den Münzfuß verschlechtern zu müssen.

Als das Papiergeld aufkam

Die Regierungszeit Kaiser Franz II. (1792 bis 1835) bedeutete eine Zeit der Umbrüche. Die langwierigen Auseinandersetzungen mit Frankreich wirkten sich katastrophal auf das Geldwesen aus. Der kriegsbedingte Finanzierungsbedarf wuchs immer mehr. Den idealen Bedarfsdecker hatte man seit Jahren zur Hand: das Papiergeld. Vorausgesetzt, dass man bedenkenlos damit umging, konnte man es nach Wunsch vermehren. Diese schnell wachsende Krise verursachte zunächst das Verschwinden der Gold- und Silbermünzen aus dem Geldverkehr, schließlich hielt man sogar die Kupfermünzen zurück und hortete sie. Nachdem der Kaiser endlich von der Ausweglosigkeit der Situation überzeugt werden konnte, unterschrieb er das Patent vom 20. Februar 1811, das der Erklärung eines Staatsbankrotts gleichkam.

Das Jahr 1814 brachte das Ende des Krieges gegen Frankreich. Eine dauerhafte Lösung der Finanzkrise wurde angestrebt. Bald schon dachte man an die Schaffung einer Nationalbank nach englischem oder französischem Vorbild. 1816 wurde die Oesterreichische Nationalbank als unabhängige Aktiengesellschaft gegründet. Ihre Hauptaufgabe war die Einlösung der enormen Mengen an Inflationspapiergeld und deren Umwechslung in Konventionsgeld. Der Geldverlust für die Bevölkerung lag schließlich bei über 90 Prozent. Dieses Geld war nicht mehr das Papier wert, auf dem es gedruckt worden war.

Am Heumarkt

In den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts entschloss man sich, auf dem Areal des Gold- und Silberdrahtzuggebäudes und auf dem anschließenden Platz, der als Kohlelager für den Wiener Neustädter Kanal gedient hatte, ein zentrales Münzamtsgebäude zu errichten. Man beabsichtigte damit, ein Gebäude zu errichten, das Verwaltung und verstreut liegende Produktions- und Werkstätten der Wiener Münze unter einem Dach vereinigen und die überall bestehende Raumnot beseitigen sollte. Das klassizistische Gebäude wurde in den Jahren 1835 bis 1837 nach den Plänen des k.k. Hofbaurates Paul Sprenger errichtet. Bis auf den heutigen Tag wird am Heumarkt 1 geprägt.

Text: Bernhard Seiter

Der Artikel folgt den Ausführungen Bernhard Kochs in „Die Geschichte der Münzstätte Wien“ in dem Buch „Geld“, hg. von Wolfgang Häusler (Wien, 1994), und in einem Jubiläumsheft aus dem Jahr 1979. Überdies Helmuth Jungwirths „Die Münzstätte Wien und das neuzeitliche Geldwesen in Österreich“ (ebenfalls in oben erwähntem Buch).

1838 bis 1918 – Von Gulden, Kronen und einem neuen Standort

1838 wurde das Hauptmünzamt, östlich des Wien-Flusses und des heutigen Stadtparks gelegen, fertiggestellt. Wenige Jahre danach findet es Erwähnung bei Adalbert Stifter, nämlich in dem von ihm 1844 herausgegebenen Sammelband „Wien und die Wiener“. In dem darin befindlichen Text „Aussicht und Betrachtungen von der Spitze des St. Stephansturmes“ fällt Stifters Blick auf das Münzamt:

"Es ist ein seltsam Haus; man macht darinnen ein Ding, das an sich von geringem, man möchte sagen, von gar keinem Gebrauche ist – aber durch Konvention schlummert in dem Dinge der Inbegriff aller andern, und es wird täglich erstrebt, heiß erstrebt von Millionen Händen und täglich weggeworfen von Millionen Händen: das Geld, ein Ding, erst harmlos erdacht zur Bequemlichkeit der Menschen, ein hohler, unbedeutender Vertreter der wahren Güter, um sie, die großen, plumpen, unbequemen, nicht allerorts mitführen zu dürfen – dann sachte wachsend in mählicher Bedeutung, unsäglichen Nutzen gewährend, Dinge und Völker mischend in steigendem Verkehr, der feinste Nervengeist der Volksverbindungen – endlich ein Dämon, seine Farbe wechselnd, statt Bild der Dinge selbst Ding werdend, ja einzig Ding, das all die andern verschlang (...).“

Tatsächlich hat die Geldökonomie im Lauf des 19. und 20. Jahrhunderts immer wieder mächtige Krisen erfahren; fehlte es an Wertstabilität, so drohte Geld alles andere zu verschlingen.

    1835 Münzhaus am Heumarkt

Gulden und Kronen

1857 wurde ein Münzvertrag zwischen Österreich, Liechtenstein und den deutschen Zollvereinsstaaten abgeschlossen. Österreich gab in dessen Rahmen die Konventionswährung auf und führte die Österreichische Währung ein. 100 Gulden Konventionsmünze entsprachen 105 Gulden Österreichischer Währung. Als Konsequenz auf die Niederlage in der Schlacht von Königgrätz 1866 verließ Österreich den Münzverein und suchte die Nähe zur Lateinischen Münzunion. Ab 1870 wurden Goldmünzen zu 8 Gulden = 20 Francs sowie 4 Gulden = 10 Francs ausgeprägt. In der Gründerzeit – also solche bezeichnet man das Vierteljahrhundert zwischen der Revolution 1848 und dem Börsenkrach 1873 – nahmen Handel, Gewerbe und Industrie einen Aufschwung, das Geldvolumen stieg entsprechend stark. Zum Bargeldverkehr trat der Scheck- und Clearingverkehr. Aktiengesellschaften schossen aus dem Boden, die Börsengeschäfte florierten. Der Börsenkrach von 1873 war das Ergebnis dieser Überhitzung. Als Folge des Ausgleichs zwischen Österreich und Ungarn wurde die Oesterreichische Nationalbank 1878 in die Österreichisch-ungarische Bank umgewandelt.
1892 wurde die Kronenwährung als Goldwährung eingeführt. Ein Gulden der früheren Österreichischen Währung entsprach zwei Kronen. Die Krone wurde in 100 Heller unterteilt. Das Produktionsvolumen des Wiener Hauptmünzamtes wuchs durch die Währungsumstellung beachtlich. Diese einzige Goldwährung der österreichischen Monarchie sollte in dem Chaos enden, das der Niederlage im Ersten Weltkrieg folgte.

Kriegsinflation

Der Erste Weltkrieg verursachte einen schweren Einbruch in der österreichischen Wirtschaftsentwicklung. Monetäre Probleme ergaben sich aus den Methoden der Kriegsfinanzierung. Die Lasten des Krieges wurden in der Monarchie nur in geringem Maße direkt auf die Bevölkerung durch gewisse Steuerzuschläge abgewälzt; stattdessen setzte man auf Kriegsanleihen. Was die Inflation auslöste, war, dass die Regierung die unmittelbare Finanzierungshilfe der Notenbank in Anspruch nahm. Zwar suchten alle Kriegführenden zu diesem Mittel Zuflucht, Österreich jedoch im stärksten Ausmaß, was sich in einer Inflation niederschlug, die den Verbraucherpreisindex vom Juli 1914 bis November 1918 ungefähr auf das Fünfzehnfache steigen ließ. Auf den Wert des Geldes war kein Verlass, und es sollte noch schlimmer kommen.

Text: Bernhard Seiter Der Artikel folgt den Ausführungen in dem Sammelband „Geld“, hg. von Wolfgang Häusler (Wien, 1994).

20. Jahrhundert – Der Schilling kommt und geht und kommt und geht

Der Schilling, mit dem Schilling-Rechnungsgesetz vom 20. Dezember 1924 beschlossen und am 1. März 1925 eingeführt, ersetzte die durch die Inflation infolge des Ersten Weltkriegs entwertete Währung der k.u.k. Monarchie, die Krone.

Der Schilling verschwindet

Mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 wurde der Schilling durch die Reichsmark ersetzt. Die Oesterreichische Nationalbank hörte zu bestehen auf. Fast 80 Tonnen Gold sowie Devisen und Valuten im Wert von 60 Millionen Schilling gingen an die Deutsche Reichsbank nach Berlin. Das Österreichische Hauptmünzamt wurde eine von mehreren Münzstätten des Deutschen Reiches. Die in Wien in der Zeit von 1938 bis 1945 geprägten Münzen trugen den Münzstättenbuchstaben “B”.

Der Schilling kommt wieder

Nach dem Ende des Dritten Reiches wurde das Statut der Oesterreichischen Nationalbank wieder in Kraft gesetzt. Reichsmarknoten strömten unmittelbar nach Kriegsende unkontrolliert nach Österreich ein und erzeugten eine “ungeheure Geldwolke” (Franz Nemschak). Die Menge des umlaufenden Geldes musste dringend vermindert werden. Eine Währungsreform mit einer weitgehenden Enteignung der Geldvermögen wurde durchgeführt: Bereits im November 1945 erfolgte der Umtausch der Reichsmark in österreichische Schillinge, wobei pro Person aber nur 150 S ausbezahlt und die restlichen Beträge auf einem Konto gesperrt wurden.

    1-Schilling Münze avers

Die Zerrüttung des Geldwesens und der Geldüberhang, der trotz Lohnstopps über die legalen Einkaufsmöglichkeiten wesentlich hinausging, begünstigten den Schleichhandel. Schwarze und graue Märkte dehnten sich immer mehr aus. Die Schwarzmarktpreise für Lebensmittel lagen im Sommer 1945 um das 260fache über den amtlichen. Ende 1946 fielen sie auf das 40fache, Ende 1947 auf das 20fache und Ende 1947 auf das Vierfache. Erst im Lauf des Jahres 1950 löste sich der schwarze Markt ganz auf.

Durch das Schillinggesetz 1945 war zwar ein Teil des Geldüberhangs abgeschöpft worden, doch zeigten sich bald wieder expansive Tendenzen der Geldmenge. Da es den Entscheidungsträgern vordringlich um Wiederaufbau, Vollbeschäftigung und einen stabilen Schillingkurs (besonders gegenüber dem Dollar) ging, wurde 1947 eine neuerliche Reduktion der Geldmenge vorgenommen: Drei alte wurden gegen einen neuen Schilling getauscht, 150 S wurden 1:1 umgetauscht, die Sperrkonten gestrichen.

Damit wurden die Geldvermögen erneut vernichtet. Ein großer Teil der Ersparnisse waren verloren. Humorvoll drückte es der Volksmund aus: “Iß und trink solang Dir’s schmeckt, schon zweimal ist uns’s Geld verreckt!”

Ab 1947 wurden vorerst nur Münzen aus unedlen Metallen wie Zink und Aluminium geprägt. Ab dem Jahr 1950 konnte auch die Erzeugung von Golddukaten, Goldkronen und Goldgulden in kleiner Menge wieder aufgenommen werden.

1955, im Jahr des Staatsvertrags, wurde als erste Silbermünze nach dem Krieg eine 25-Schilling-Gedenkmünze auf die Wiedereröffnung der Bundestheater ausgegeben. 1957 wurde der erste Silberzehner geprägt; 1960 löste ein Silberfünfer das Fünfschillingstück aus Aluminium ab.

Der Schilling verschwindet neuerlich

Machen wir einen Sprung ins ausgehende 20. Jahrhundert. Die Einführung des Euro am 1. Jänner 1999 ging ohne besondere Vorkommnisse über die Bühne. Sie war – anders als so manches geldpolitische Ereignis in den vergangenen zwei Jahrhunderten – keine Antwort auf eine Krise. Nunmehr rechnet auch kaum jemand mehr in Schilling.

 

Text: Bernhard Seiter

Der Artikel folgt den Ausführungen in dem Sammelband „Geld“, hg. von Wolfgang Häusler (Wien, 1994).

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